Dieter Thomas Heck und das ultimative Grauen

Donnergrollen, die Schläge von Big Ben und eine mit stoischem Ernst vorgetragene Einleitung: „Diese Geschichte beginnt mit dem Ende von Dave Walton. Er war glücklich mit seiner Frau Olivia, bis zu dem Tag, als er früher als vorgesehen von einer Geschäftsreise nach Hause kam …“
Keine Legende der frühen siebziger Jahre ist so wahr wie die, dass Samstagabends gebadet wurde, es roch nach „Plantschi“ und Apfelshampoo, und danach durfte man sich zusammen mit den Eltern die Hitparade mit Dieter Thomas Heck angucken. Ein Jahrzehnt später kam Dieter Thomas Heck auf die Idee, selbst mal wieder zum Gesangsmikrofon zu greifen. Ja, er „singt“ auf dieser CD tatsächlich, und bei jedem Lied hat man das Gefühl, die Melodie schon mal irgendwie in der Hitparade gehört zu haben. Alles ist im übelsten Schlagerrhythmus der damaligen Zeit gehalten, aber wer hätte da mitsingen sollen? Bei abstrusen Texten wie „Wir begleiten dich bis ins Grab, der Sensemann nimmt dir die Krone ab“ bleibt einem eher das Wort im Mund stecken. Ganz schlimm wird’s immer, wenn Dieter-Thomas in Reimen spricht, die auf Teufel komm raus zueinanderpassen sollen. Erinnert fast an modernen Rap. Höhepunkt in dieser Hinsicht ist der fröhliche Country-Schunkler „Alcatraz“: Ich sehe quasi das Mordopfer auf dem elektrischen Stuhl im Rhythmus des Schlagers zucken. „Das weiße Haus“ erinnert an Udo Jürgens, „Phantom 4“ an Tom Astor, die „Fahrt der Queen Ann“ wird gar als Shanty dargeboten, passend mit Möwengekreisch im Hintergrund, und das „Phantom 4“ soll mich holen, wenn „Engel im Parka“ sich nicht wie Neil Diamonds „Song sung blue“ anhört. Und über den Rest schweige ich dann lieber.
Wer jetzt denkt, na ja, das Machwerk kann man ja auch augenzwinkernd genießen, der irrt, und sollte sich einmal die folgende Aufzeichnung anschauen:

Nie hat es Dieter Thomas Heck ernster gemeint als mit „Es ist Mitternacht, John!“
Ich hätte es dabei belassen sollen, damals, 1981, die LP in Händen zu halten und kopfschüttelnd wieder zurückzustecken … Manchmal sollte man lieber nicht den Kopf zu tief in den Topf der Nostalgie stecken. Auch wenn er noch so sehr nach Apfelshampoo duftet …