Der Schnüffler – Neues aus dem Krimiland Eifel

Titelseite von "Der Schnüffler"

Als Krimiautor in Ostwestfalen-Lippe schaue ich oft neiderfüllt in die Eifel: Die haben nicht nur mit Jacques Berndorf den Eifel-Krimi erfunden und zu Bestsellerehren gebracht, die Eifler haben auch chice Krimihotels, einen Krimi-Verlag, ein Krimihaus, einen Krimi-Wanderweg und, und und … Gute Autoren haben wir in Ostwestfalen-Lippe auch: Mechtild Borrmann zum Beispiel, die dieses Jahr den Deutschen Krimipreis gewonnen hat. Und mit MORDE IM GRÜNEN (am 1.9. zum vierten Mal in der Heerser Mühle in Bad Salzuflen!) immerhin ein Festivalchen. Aber während man in der Eifel mit Hillesheim sogar den selbernannten Titel der Krimihauptstadt für sich beansprucht, rührt sich in Ostwestfalen-Lippe kein Fingerchen. Das Thema Tourismus und Krimi scheint hierzulande eine eher abschreckende Alliance zu sein.

Der neueste Clou aus der Krimihauptstadt nennt sich DER SCHNÜFFLER. Dass dieses Periodikum eigentlich das Sahnehäubchen eines neuen, extra eingerichteten „Krimiland Eifel“-Internetauftritts ist, sei hier ebenfalls erwähnt. Offiziell herausgegeben von der „Urlaubsregion Hillesheim/Vulkaneifel e.V., trägt DER SCHNÜLLER eindeutig die liebevolle Handschrift Ralf Kramps. Das gelungene Layout besorgt einmal mehr Sabine Steffens. Auf immerhin 12 zeitungsgroßen Seiten wird über das Sherlock-Holmes Festival in Hillesheim berichtet, über Susanne Jagusch und ihre kriminellen Strickkunstwerke, die touristischen Krimi-Highlights, das Krimi-FestIval NORDEIFEL-MORDEIFEL und vieles mehr. Es gibt eine Kochsparte („Gift mit Tarnkappe“), einen Kürzestratekrimi und sogar einen lustigen Comic …

Hach ja, sagte ich schon, dass ich die Eifler um ihre Krimiregion beneide?

http://krimiland-eifel.de/index.php?option=com_flippingbook&view=book&id=2&page=1

 

Von Frauen und Insekten

 

Kathleen Weise:

Von Frauen und Insekten e-Medusenblut 1

e-Book

3 Euro 40

Boris Kochs Medusenblut-Edition hat mich seit ihrer ersten Veröffentlichung Ende der neunziger Jahre begleitet. Sie steht für mich sinnbildlich für qualitätsvolle Horrorliteratur, wie sie seit Beginn der Edition Metzengerstein 1996 (Festa Verlag) im Small Press-Bereich gepflegt wurde. Und auch dort nur in diesem Underground möglich scheint, sich zu entwickeln und Blüten zu treiben. Diese Art von Horror, der zumeist ein atmosphärischer, manchmal lovecraftersker, manchmal bizarrer Horror ist, flackerte in all den Jahren zwar immer wieder auch bei den größeren Verlagen auf, doch die eigentliche Heimat und Spielwiese dieses Genres sind die Kleinverlage. Autoren wie Boris Koch (der nicht nur Verleger ist, sondern eben auch hauptsächlich Autor) gelingt in der Regel nur dann der Sprung in die Publikumsverlage, wenn sie in den Fantasy- oder Krimi-Bereich wechseln. Auch Christian von Aster könnte man in diesem Zusammenhang nennen. Ausnahmen sind Publikationen wie GOTHC – Dark Stories und GOTHIC – Darker Stories, die im Zuge der TWILIGHT-Hysterie im Kinder- und Jungendbuch-Verlag Beltz & Gelberg erschienen. Auch hier fungierte Boris Koch als Herausgeber, indem er die Crème de la Crème der deutschen Horror-Autoren zusammenrief. Und diese griffen die Gelegenheit beim Schopf und schrieben tatsächlich einmal keine Fantasy, kein Drachen-  und Zwerge-Garn, keine weichgespülten Vampir-Love-Storys – sondern tatsächlich beinharten Horror. Wahrscheinlich ist es deshalb bei nur zwei Bänden geblieben.

Auch Kathleen Weise war in der ersten GOTHIC-Anthologie mit einer Story vertreten.

Doch zunächst weiter zu MEDUSENBLUT und seiner exemplarischen Historie:

Die ersten Veröffentlichungen waren A5-Hefte, in der Mitte getackert, und obwohl ab der Nummer 4 mit Farbtitelbildern versehen, umwehte sie doch ein Hauch der immer noch existierenden zahlreichen Fanzines. Allerdings waren bereits die ersten Hefte mit hochkarätigen Autoren wie Frank Festa, Malte S. Sembten oder Boris Koch besetzt. MEDUSENBLUT 8 wurde erstmals als zeitgemäßes Taschenbuch veröffentlicht. In rascher Folge erschienen nun weitere Bände von Andreas Gruber, Michael Siefener, Eddie M. Angerhuber und immer mehr auch von Christian von Aster und Boris Koch selbst. Je mehr Boris Koch ins Profi-Lager rüberrutsche, umso seltener wurden nun die MEDUSENBLUT-Neuheiten. Zuletzt erschienen nur noch Publikationen von Autoren des sogenannten Stirnhinterzimmers, eine Art Lesezirkel, zu denen auch Boris Koch gehört. Der Horror geriet damit ein wenig aus der Schusslinie. Eine Ausnahme war die bislang vorletzte MEDUSENBLUT-Ausgabe, die Horrorgeschichten von Michael Tillmann präsentierte.

Umso interessanter ist es nun, dass die Neuerscheinung Von Frauen und Insekten ausschließlich als e-Book angeboten wird. In einer Zeit, in der nicht nur die großen Verlage im Umbruch sind und merken, dass da etwas auf sie zugerollt kommt, was sie möglicherweise unterschätzt haben, sondern gerade die kleinen Verlage, die Selbstverleger und leider auch Möchtegern-Autoren die Chance der kostengünstigen Selbstvermarktung via E-Book erkennen.

Kathleen Weise ist mir bisher in besagter GOTHIC-Anthologie begegnet, und ich weiß, dass sie einige Jungendbücher verfasst und mit Boris Koch gemeinsame Projekte wie den Fantasy-Roman „Der Königsschlüssel“ veröffentlicht hat. Als Horror-Autorin ist sie mir bisher nicht aufgefallen, und auch der Untertitel dieser Sammlung lautet vorsichtigerweise „Phantastische Erzählungen“. Drei davon sind Nachdrucke, die mir jedoch nicht bekannt waren:

„Die Polizistin“ ist eine hundertprozentige düstere Vampir-Story, „Krähenschreie“ eine sehr atmosphärisch-dunkle Urban-Horror-Geschichte, ebenso wie „Die Spinnenfrau“. Spätestens hier fällt auf, dass dem Titel entsprechend ausschließlich Frauen als Protagonisten agieren. Noch dazu von einer Autorin verfasst, entsteht somit eine andere Art von Horror: Er ist feinfühliger, tiefsinniger, subtiler. Selbst wenn grauenvolle Dinge passieren wie die beschriebenen Folterszenen in „Die Polizistin“ geschieht dies nicht aus purem Selbstzweck. Die äußere Tat dient nicht allein der Schilderung, sondern setzt sich in der Gefühlswelt der Ich-Erzählerin fort und bilden gleichsam ein inneres Universum.

„Von Frauen und Insekten“ ist wiederum eine schicke Vampir-Story, diesmal nicht ganz so hart wie  erste, aber sehr gelungen. Die restlichen zwei Geschichten sind ungewöhnlich und keinesfalls dem Horror-Genre zuzuordnen. „Auf dem Land“ ist eine moralisierende Zukunftsparabel, und „Hinter dem Winter“ eine sehr atmosphärische Dark-Fantasy-Story über eine unter die Haut gehende Initiation.

Abgerundet wird das E-Book durch ein leider sehr auf ein bestimmtes Thema fokussiertes Interview (Urban Fantasy) und eine Biografie.

Insgesamt eine sehr gelungene und abwechslungsreiche Storysammlung einer stilistisch äußerst feinfühligen Autorin, von der ich gerne mehr in dieser Richtung lesen würde.

Uwe Voehl

Der Mörder in der Tiefkühltruhe

Der Mörder in der Tiefkühltruhe

DER MÖRDER IN DER TIEFKÜHLTRUHE heißt ein Buch in der von Jörg Kleudgen und mir verlegten MURDER PRESS. Gestern, beim Tanken, stutzte ich nicht nur angesichts des phänomenal gestiegenen Dieselpreises (1 Euro 54,9), sondern auch wegen eines BILD-Displays mit der wahnsinnig gut gemachten Schlagzeile BIELEFELD: DIE TOTE AUS DER TIEFKÜHLTRUHE. Da konnte ich einfach nicht widerstehen, und zum Dieselpreis kamen noch die 70 Cent für die BILD dazu. Als ich das Foto der Toten sah, fiel mir dann auch gleich der Fall ein, der im Februar die Schlagzeilen dominierte. Nun steht der mutmaßliche Mörder vor Gericht, viel Neues gibt es jedoch nicht zu schreiben. Bemerkenswert jedoch einmal mehr, wie BILD textet: Allein die Alliteration der Headline, dazu das (junge) Alter der Frau, was wiederum weitere Assoziationen bei sabbernden BILD-Greisen wecken dürfte. Vollsten Respekt als Texter jedoch zolle ich der eigentlichen Headline darunter: DAS EISIGE SCHWEIGEN DES ANGEKLAGTEN. Das hat schon irgendwo was Reißerisches und erinnert mich an meine eigenen texterischen Tiefpunkte: Heiße Mode – coole Preise. Oder so ähnlich.

PS: Nur anhand der blauen Mappe, die sich der Angeklagte obligatorisch vors Gesicht hält, fiel mir ein, dass ich ein ähnliches Foto schon morgens in der LZ gesehen hatte. Ich gebe zu, dass mich die Headline PROZESS UM MYSTERIÖSEN MORD eher zum Weiterblättern animiert hatte. Ich bleibe am Ball – äh – weiter auf dem Eis …